Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. November 2012 – 5 AZR 886/11

Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab erstem Arbeitstag

Vorlage eines Ärztlichen Attestes ab erstem Tag notwendig, wenn Arbeitgeber dies verlangt.

 

Im Regelfall muss Attest vorgelegt werden, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage dauert

 

Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer muss dem Arbeitgeber unverzüglich mitgeteilt werden. Arbeitnehmer können dieser gesetzlichen Pflicht aber durch einen Anruf nachkommen, sie müssen weder eine ärztliche Untersuchung nachweisen noch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bringen. Die Vorlage eines ärztlichen Attests wird gemäß § 5 Abs.1 Satz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) erst notwendig, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage dauert. Dies ist der Regelfall.

 

BAG: Der Arbeitgeber kann ohne Begründung ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest verlangen

 

Der Arbeitgeber kann jedoch nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG bereits früher eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen. Dieses Verlangen steht im Ermessen des Arbeitgebers und ist nicht an besondere Voraussetzungen gebunden. Dies hat das BAG nach der Klage einer Redakteurin gegen ihren Arbeitgeber entschieden.

Bei der Klage ging es um die Frage, ob ein Arbeitgeber die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne sachliche Begründung fordern kann, oder ob das Verlangen begründet sein muss.

 

Streitfall: Krankmeldung, nachdem Dienstreise nicht genehmigt worden war

 

Die Klägerin stellte einen Antrag auf eine Dienstreise am 30. November, der zweimal abgelehnt wurde. Am 30. November meldete sich die Redakteurin krank und erschien am nächsten Tag wieder zur Arbeit. Daraufhin wies der Arbeitgeber die Klägerin an, sich zukünftig bereits am ersten Tag der Krankmeldung ein Attest beim Arzt einzuholen. Die Redakteurin klagte auf Widerruf dieser Weisung, da das Verlangen eines Attestes am ersten Krankheitstag einer sachlichen Rechtfertigung bedürfe. Außerdem sei im geltenden Tarifvertrag ein solches Recht nicht vorgesehen.

Nachdem die Vorinstanzen die Klage abgewiesen haben, blieb nun auch die Revision der Klägerin erfolglos. Die Entscheidung, sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits ab dem ersten Fehltag vorlegen zu lassen, liegt im nicht gebundenen Ermessen des Arbeitgebers. Der  Arbeitgeber braucht keine Sachgründe, wenn er vom Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG bereits ab dem ersten Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung verlangt. Es muss insbesondere auch kein Verdacht gegen den Arbeitgeber vorliegen, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht. Ein Tarifvertrag verbietet dem Arbeitgeber das Erlassen einer solchen Weisung nur dann, wenn sie das Recht des Arbeitgebers aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ausdrücklich ausschließt. Dies war im Tarifvertrag der Redakteurin nicht der Fall.

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